Donnerstag, 7. Juli 2016

Der Struwwelpeter





Der Struwwelpeter von Dr. Heinrich Hoffmann ist ein Kinderbuchklassiker und in ungekürzter Fassung als kleine Pappbilderbuchausgabe beim Schwager und Steinlein Verlag erschienen.

Die Ausgabe ist schön dick und qualitativ sehr gut verarbeitet und es wurden die original Illustrationen verwendet.

Der Struwwelpeter ist ein Werk  welches in der  Gesamtauflage von weit mehr als 15 Mio Exemplaren in sehr vielen Fremdsprachen erschienen ist. Hoffmann hat das Buch ursprünglich für seinen Sohn Carl erschaffen, welches aber auch bald im Bekanntenkreis für Aufsehen sorgte und schließlich von einem Verlag gedruckt wurde. Am Anfang kam das Buch noch unter Hoffmanns Pseudonym Reimerich Kinderlieb in den Handel.
Im Buch finden wir Geschichten und Illustrationen welche zeigen, wenn man gegen gesellschaftliche Normen und die Regeln der Eltern verstößt, dann wird man schlimm bestraft.



Das Buch spiegelt die damalige Zeit, Werte und Mentalität und ist ein historisches Werk der deutschen Literatur. Es sollte wohl den Sinn haben die damaligen Werte zu vermitteln und Kinder mit Geschichten und Bildern zu erziehen. Vor einigen Jahren habe ich selbst das Buch noch mit einem Stern bewertet, Mittlerweile sehe ich es nicht mehr ganz so kritisch. Ich habe die neue ungekürzte Fassung im Buchhandel gefunden und wollte sie einmal mit meiner alten Fassung aus meiner Kindheit vergleichen. Es ist tatsächlich alles zu 100% übernommen, außer dass dieses Pappband etwas kleiner ist, als mein erstes Buch. Ich hatte in der Kindheit durch das Buch starke Ängste entwickelt und es hat mich sehr traurig gemacht. In Verbindung mit den extremen Bildern kann man sich nicht vorstellen, was man einer Kinderseele damit antut. Ich bin in einer sehr harten Zeit in einem extremen Elternhaus großgeworden, also alles andere als verweichlicht, wie oft der heutigen Erziehung vorgeworfen wird und trotzdem hat mich dieses Buch so stark bewegt, dass ich die Bilder bis heute nicht vergessen konnte. Als Kind hab ich, obwohl mir Bücher heilig waren und ich niemals in eine Buch gemalt habe, in diesem Buch den Schneider mit der Schere und die Blutlache mit einem Kugelschreiber überkritzelt und auch die weinenden Katzen hab ich mit einem Kugelschreiber übermalt, weil ich es einfach nicht ausgehalten habe diese Bilder zu sehen. Nachts hab ich Angst gehabt, es könnte der Schneider in mein Zimmer kommen oder es könnte ein Brand im Haus geben. Dennoch sind dort auch Geschichten drin wie die vom Tierquäler. Jäger und die Buben die den Dunkelhäutigen auslachen, denen ich die gerechte Strafe gönne und auch als Kind schon gönnte. Die Geschichte vom Suppenkasper passt in die heutige Zeit wunderbar zur Diagnose der Essstörung und der Zappel-Philipp ist ein Kind mit ADHS.  Stinker wie der Struwwelpeter, die einen großen Mangel an Körperpflege aufweisen, gibts leider heute auch noch. Was ich kritisch sehe sind die Geschichten wo Träumen und sich über Regeln der Gesellschaft hinwegzusetzen, gestraft werden. Ich bin froh das ich diese Regeln durch das Buch in der Kindheit nicht verinnerlicht habe und ein eigenständiger Denker geblieben bin, der die Norm und ihre Regeln kritisch hinterfragt. Ich würde sagen das dieses Buch für Erwachsene ein sehr interessanter Klassiker ist, der man sicherlich einmal gelesen und gesehen haben muss, aber einem Kindergartenkind und auch einem Kind bis zum Jugendalter würde ich dieses Buch definitiv nicht vorsetzen und ich finde es sehr bedenklich das es auch immer noch als Buch für Kindergartenalter im Handel geführt wird. 



Fazit: Ein sehr interessanter Kinderbuchklassiker, der die damalige Zeit, ihre Mentalität und Werte widerspiegelt. Es erzieht Kinder dahin, das Regel- und Normverstöße bitterlich bestraft werden. Für Erwachsene finde ich es ein Werk, welches man unbedingt einmal gelesen haben sollte, aber es ist in meinen Augen für Kinder bis zum Jugendalter nicht geeignet!


4 Kommentare:

  1. Hallo Ramona

    Ich weiß nicht wie ich das geschafft habe, aber ich habe den Struwelpeter noch nie gelesen. Deine Meinung dazu ist sehr interessant und macht mir Lust, es tatsächlich doch noch zu lesen.
    Eine emotionale Besprechung von dir, die mir sehr gut gefällt; ist sie doch einmal aus der Sicht von dem Kind Ramona- einmal aus der erwachsenen Ramona beschrieben.

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  2. Also das Buch ist sicherlich interessant und sorgt für viel Gesprächsstoff 😊

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  3. Ah, wie cool, dass du hier ein altes Kinderbuch vorstellst. Ich habe als Kind sehr viele dieser Klassiker gelesen. An Albträume oder Ängste kann ich mich nicht mehr erinnern.
    Du hast Recht: Viele der alten Bücher waren sehr brutal. Wenn ich heute Jugendbücher lese, frage ich mich manchmal, mit welchen Szenen man Jugendliche konfrontiert. Allerdings, war das - bei genauerer Betrachtung - damals auch schon so. Die Themen waren allerdings andere.
    Ganz liebe Grüße Tanja :o)

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    1. An die Bücher meiner Kindheit kann ich mich seltsamerweise alle noch erinnern. Dafür an das meiste andere nicht mehr. Manche Jugendbücher von heute sind auch krass stimmt aber wir leben im Zeitalter des Computers und der Medien auch in einer sehr brutalen Zeit. Die Kinder werden überall krass konfrontiert und müssen früh erwachsen werden. Aber es gibt heute viel farbenprächtigere fantasievollere lustigere teils tiefgehendere Kinder- und Jugendliteratur find ich. Was mich an den Klassikerkinderbüchern stört ist das sie für Kleinkinder sein sollen und das find ich einfach zu heftig. Ein Kind mit so Bildern im Kindergartenalter zu konfrontieren find ich nicht gut.

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